Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Haushalt des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz ist klein; aber die Aufgaben sind groß. Rechtspolitik sichert den Kern unserer Staatlichkeit. Rechtspolitik stärkt den Rechtsstaat, und Rechtspolitik stärkt auch unsere Demokratie.
Lassen Sie es mich gleich am Anfang sagen: Die Unabhängigkeit der Gerichte ist in unserer Verfassung garantiert, und das ist wichtig und richtig so. Und das gilt es genauso zu respektieren wie auch die Richterinnen und Richter persönlich und deren Entscheidungen. Recht ist nicht nur dann zu beachten, wenn es leichtfällt oder vielleicht der allgemeinen Stimmungslage entspricht, sondern die Entscheidungen sind immer und unbedingt zu respektieren, und zwar von allen, von Bürgerinnen und Bürgern genauso wie von allen staatlichen Institutionen und ihren Mitgliedern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, einen funktionierenden Rechtsstaat bzw. einen funktionierenden Staat brauchen wir. Er muss schützen, er muss sichern, und er muss ermöglichen. Das ist das beste Mittel gegen Abwendung und Radikalisierung. Gerade deshalb bin ich froh, dass wir mit dem Haushalt für das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, kurz: BMJV, auf die Stärkung des Rechtsstaates besondere Schwerpunkte legen. Lassen Sie mich nur drei Bereiche nennen.
Erstens: der Pakt für den Rechtsstaat. Die Justiz muss personell und technisch so ausgestattet sein, dass sie bürgernah und effizient ist und zugleich die hohe Qualität ihrer Aufgabenerledigung weiterhin sicherstellen kann. Wir verhandeln deshalb mit den Ländern einen Pakt für den Rechtsstaat. Er hat drei Säulen. Wir wollen eine personelle Unterstützung geben. Wir wollen unsere Verfahrensordnungen modernisieren, damit sie schneller und effizienter sind, und wir wollen natürlich, dass die Justiz digitalisiert ist.
Lassen Sie mich gern für diesen Haushalt kurz auf den letzten Punkt eingehen, die Digitalisierung. Im Rahmen dieser Initiative stellen wir den Ländern für die Jahre 2025 und 2026 jeweils 50 Millionen Euro zur Verfügung. Wir erproben ein zivilgerichtliches Onlineverfahren, damit Bürgerinnen und Bürger ihre Ansprüche einfacher geltend machen können - unkompliziert, nutzerfreundlich und digital. Und wir unterstützen die Länder bei der Entwicklung von KI-Systemen. Uns geht es darum, dass im Prinzip einmal für alle entwickelt wird. Das ist gut mit Blick auf Einheitlichkeit, das ist effizienter, das ist kostengünstiger, und es gibt keinen Wildwuchs mehr.
Mit der bundeseinheitlichen Justiz-Cloud wird dann genau das Gleiche passieren. Das schafft eine moderne Infrastruktur für die Justiz, für alle 16 Länder und den Bund, und das wird einen spürbaren Unterschied machen.
Ich komme zum zweiten Thema: sich sicher fühlen. Wir wollen, dass die Menschen sich in diesem Staat sicher fühlen, dass sie vor Gewalt geschützt werden, und zwar vor jeglicher Art von Gewalt. Diese gibt es in diesem Land in vielen Varianten: digitale Gewalt, Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte, gegen Rettungskräfte, aber ganz besonders auch Gewalt gegen Frauen. In Deutschland ist es leider erschreckend alltäglich geworden, dass Frauen von ihren Partnern bzw. ihren Expartnern brutal angegriffen werden, und das können wir nicht akzeptieren.
„Die Scham muss die Seite wechseln.“ Das hat Gisèle Pelicot gesagt, und darum geht es: Keine Frau soll sich schämen müssen. Die Täter müssen spüren, dass Gewalt nicht akzeptiert wird. Deshalb wollen wir den Familiengerichten ermöglichen, elektronische Fußfesseln anzuordnen, damit Täter dann ein GPS-Gerät tragen und die betreffende Frau weiß, wenn er in ihre Nähe kommt, und sie besser geschützt ist und auch die Polizei sozusagen den Ernstfall sieht. Das bietet Schutz in Echtzeit. Wir wollen zudem den Gewaltschutz im Sorge- und Umgangsrecht verbessern. Wer seine Partnerin, seinen Partner schlägt, muss damit rechnen, dass das auch bei der Frage des Sorge- und Umgangsrechts für die Kinder Folgen hat.
Und auch im digitalen Raum werden wir besser vor Hass und Gewalt schützen. Was offline strafbar ist, muss auch online strafbar sein. Die Meinungsfreiheit kennt Grenzen, und wer diese Grenzen überschreitet, wer gegen andere hetzt, andere diffamiert und beleidigt, der macht sich strafbar. Mit dem Digitale-Gewalt-Schutzgesetz werden wir erreichen, dass man sich besser wehren kann, wenn man im Netz Gewalt erfährt.
Ich bin froh, dass wir Haushaltsmittel für ein wichtiges Projekt wie HateAid bekommen. HateAid bietet Schutz für Menschen, die Mobbingkampagnen im Netz ausgesetzt sind. Da geht es vor allen Dingen um praktische Beratung, aber auch um rechtliche Unterstützung bei Strafanzeigen - ein wichtiges und gutes Projekt, das wir fortsetzen werden.
Meine Damen und Herren, Gewalt - rechtsextremistische, linksextremistische, islamistische Gewalt - und Terror richten sich unvermindert auch gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Ich möchte an dieser Stelle dem Generalbundesanwalt Rommel und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Karlsruhe ganz besonders für ihre Wachsamkeit in den vergangenen Monaten danken. Wir haben gezeigt - wir werden das weiterhin zeigen -, dass wir eine wehrhafte Demokratie sind und dass wir mit klarer Kante gegen Terroristinnen und Terroristen vorgehen.
An dieser Stelle auch danke an all diejenigen, die sich jeden Tag dafür einsetzen - manchmal auch unter Einsatz ihres Lebens -, dass dieser Staat sicherer wird, dass hier Recht und Ordnung herrscht.
Drittens. Zum Schluss komme ich auf einen ganz wichtigen Bereich zu sprechen. Es geht darum, dass wir den Menschen in diesem Land das Leben einfacher, gerechter und bezahlbarer machen wollen. Wir haben gestern schon viel über das Mietrecht diskutiert. Wir haben darüber gesprochen, dass wir die Symptome von zu hohen Mieten bekämpfen müssen, damit Menschen sich in diesem Land ihre Wohnungen leisten können, damit sie ihre Mieten zahlen können. Die Verlängerung der Mietpreisbremse wurde von diesem Bundestag schon verabschiedet. Da sind wir sehr schnell gewesen. Es werden weitere Pakete kommen. Wir haben ganz viel im Koalitionsvertrag vorgesehen, damit Mieten kein Luxus ist und damit die Menschen sich in diesem Land ihre Wohnungen leisten können.
Ich freue mich - auch wenn er noch nicht in diesem Haushaltsplan abgebildet ist -, dass der Verbraucherschutz in das Bundesjustizministerium zurückgekehrt ist. Auch hier geht es um das Thema einfacher, gerechter, bezahlbarer. Wir wollen, obwohl wir den Verbraucherschutz noch nicht im Haushalt etatisiert haben, schon daran arbeiten. Wir haben dazu schon den ersten Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, der „Heute kaufen, später zahlen“-Modelle regelt. Wir wollen, dass Kreditverträge besser reguliert werden. Wir werden in Kürze auch unsere Pläne für einen Widerrufsbutton vorlegen. So einfach wie das Bestellen im Internet soll dann eben auch der Widerruf gehen: mit einem Klick.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es geht in den kommenden Jahren darum, dass die Demokratie Probleme, die den Bürgerinnen und Bürgern auf den Nägeln brennen, besser löst. Ich danke Ihnen für die bisherigen Beratungen zu diesem Haushalt. Ich danke Ihnen auch für die weiteren konstruktiven Beratungen zu diesem kleinen, aber feinen und sehr wichtigen Haushalt. Vielen Dank!