Vielen Dank für die Gelegenheit, hier bei Ihnen auf dem Deutschen Mietertag zu sprechen! Ich vertrete hier ja kurzfristig die Kollegin Hubertz. Das einzige, was sich daraus für Sie ändert, ist die Reihenfolge der folgenden zwei großen Redeblöcke: Die Kollegin Hubertz hätte mit dem Bauen angefangen; ich fange mit dem Mietrecht an! Denn so sind unsere Zuständigkeiten. Und ich freue mich wirklich sehr, hier über das Mietrecht sprechen zu können. Denn als ich vor 25 Jahren als Referentin im Justizministerium angefangen habe – war ich zuständig fürs Mietrecht!
Ansonsten versichere ich Ihnen: Wir beide ziehen an einem Strang, wir wollen beide, dass es voran geht mit dem Mieten und Wohnen in Deutschland, meine Damen und Herren!
Liebe Melanie Weber-Moritz, zunächst herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Wahl als Präsidentin! Und lieber Lukas Siebenkotten, vielen Dank für Ihren leidenschaftlichen und engagierten Einsatz für die Interessen der Mieterinnen und Mieter über so viele Jahre!
Der Deutsche Mieterbund ist eine Institution, die aus unserer Gesellschaft nicht wegzudenken ist. Heute ist bereits die 71. Jahrestagung; das zeigt die lange Tradition des Deutschen Mieterbundes und seine große Bedeutung. Sie setzen sich auf politischer Ebene für die Mieterinnen und Mieter ein. Sie sind Ideengeber und Ansprechpartner für die Politik.
Und Sie sind mit den Mieterschutzvereinen für die Mieterinnen und Mieter vor Ort ein zuverlässiger Partner: Wenn die Nebenkostenabrechnung nicht nachvollziehbar ist. Wenn man nicht weiß, ob man zu viel Miete zahlt. Wenn es Streit mit dem Vermieter gibt. Oder wenn vielleicht sogar juristischer Beistand gebraucht wird. Kurzum: Der Standard, den wir heute beim Mieterschutz in Deutschland haben, wäre ohne den Deutschen Mieterbund kaum denkbar.
Und diesen Mieterschutz brauchen wir, denn es geht am Ende darum, dass Wohnen zur Miete in Deutschland funktioniert. Gute Bedingungen für Wohnen zur Miete sind entscheidend für ein gutes Leben in unserem Land. Denn: In Deutschland leben mehr als die Hälfte der Menschen in Mietwohnungen, das sind rund 44 Millionen Menschen.
Es geht darum, dass wir gepflegte und gut ausgestattete Mietwohnungen haben, in denen die Menschen gerne leben. Es geht auch darum, dass die Mieterinnen und Mieter verlässlich ihr Leben planen können. Und es geht darum, dass die Menschen bei den Wohnkosten nicht überfordert werden. Sie mahnen das zu Recht immer wieder mit starken Worten an.
Wohnen ist die soziale Frage unserer Zeit. Wohnen in der Stadt darf kein Luxus sein. Deshalb brauchen Mieterinnen und Mieter Schutz vor ungebremstem Mietanstieg.
Sehen wir uns trotzdem zu Beginn noch einmal die Zahlen an. Wie steht es um das Wohnen zur Miete in Deutschland? Das Statistische Bundesamt sagt: Die durchschnittliche Nettokaltmiete je qm lag laut Zensus bei 7,34 Euro je qm. Das entspricht in etwa den Mieten im sozialen Wohnungsbau. Die Mietensteigerung laut Verbraucherpreisindex lag im Durchschnitt der letzten 4 Jahre bei 2 Prozent pro Jahr, weniger als die Inflation. Und die durchschnittliche Mietbelastung – bruttokalt, also einschließlich der kalten Nebenkosten, wenn auch ohne Heizkosten – lag zuletzt bei 28 Prozent. Weniger als ein Drittel des Nettoeinkommens.
Hört sich nicht so schlecht an, ich habe auch gestaunt, aber das ist nur das eine Bild: Denn zur Wahrheit gehört auch: Die Angebotsmieten sind zuletzt gegenüber dem Vorjahr in den Großstädten um 4 bis 5 Prozent gestiegen. Und für eine zur Miete angebotene Wohnung in Stuttgart oder Hamburg musste man zuletzt im Durchschnitt 15 Euro je qm bezahlen, in Berlin an die 18 Euro und in München um 22 Euro. Und da sind die Heizkosten noch nicht mit dabei.
Und spätestens hier wird klar: Wir haben nicht überall in Deutschland ein Problem mit hohen Mieten. Aber in den Ballungsräumen funktionieren die Mietwohnungsmärkte teilweise nicht mehr richtig. Die Menschen können sich keine Neuverträge leisten, sie bleiben in ihren Wohnungen, auch wenn es eigentlich nicht passt. Umziehen, selbst in eine kleinere Wohnung, ist schwierig geworden. Und wer von außen kommt und einen Arbeits- oder Studienplatz sucht, muss erstmal schauen, ob man sich überhaupt eine Wohnung leisten kann. Das heißt im Zweifel: In der kleinen Wohnung zusammenrücken, wenn Kinder geboren werden. Als älterer Mensch im 4. Stock noch weiter durchhalten, auch wenn es keinen Aufzug gibt. Und zum Studieren oder Arbeiten doch besser woanders hingehen.
Soll das die Lösung sein? Dass wir uns mit den Umständen arrangieren? Ein klares Nein ist meine Antwort!
Deshalb haben wir keine Zeit verloren. Wir haben als erstes den Gesetzentwurf zur Mietpreisbremse vorgelegt und gestern schon im Bundestag verabschiedet. Die Mietpreisbremse wird zum Ende des Jahres um vier Jahre verlängert, meine Damen und Herren!
Sie wissen: Das war wichtig und musste schnell gehen, denn die ersten Regelungen in den Ländern laufen bald aus. Damit kann nun der Anstieg der Neuvertragsmieten weiter begrenzt werden.
Es gibt auch keinen Zweifel mehr daran: Die Mietpreisbremse hilft, dass die Mieten langsamer ansteigen. Seit zehn Jahren gibt es die Mietpreisbremse. Sie ist kein Allheilmittel; das wissen wir. Aber sie wirkt – und zwar überall im Land.
Und es müssen nun weitere Schritte im Mietrecht kommen. Wir wollen auch die möblierte Vermietung und die Kurzzeitvermietung besser regulieren. Da muss die Umgehung der Mietpreisbremse dringend gestoppt werden. Es kann nicht sein, dass ein Vermieter zwei Stühle in eine leere Wohnung stellt und meint, er könne dann deutlich höhere Preise verlangen. Auch hier müssen wir den Mieterschutz verbessern. Auch das werde ich angehen.
Wir wollen auch, dass Verstöße gegen die Mietpreisbremse besser verfolgt werden können. Wir wollen den Mietwucher-Paragraphen angehen. Der muss statt einem stumpfen Schwert zu einem wirksamen Skalpell werden. Wir wollen auch die Indexmieten stärker regulieren. Und wir wollen nochmal die Modernisierungsumlage angehen und ein gutes Gleichgewicht finden: Investitionsanreize möglich machen und Verdrängung und Überforderung von Mieterinnen und Mietern verhindern. Das alles haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart und werden das jetzt zügig mit der Union besprechen.
Und wir bereiten den Austausch in einer Expertengruppe mit Vermieter- und Mieterorganisationen vor. Da freue ich mich, wenn sich der Deutsche Mieterbund – so wie wir das schätzen – meinungsstark einbringt!
Meine Damen und Herren,
klar ist zweitens: Mieterschutz allein reicht nicht aus, um die Lage auf dem Wohnungsmarkt zu verbessern. Wir brauchen zweierlei: Wir brauchen den Schutz von Mieterinnen und Mietern, und wir brauchen mehr Neubauten. Wir brauchen vor allem mehr Wohnungen. Denn hohe Mietpreise zeigen ja vor allem, dass es davon zu wenig gibt.
Wohnen und Bauen muss gemeinsam gedacht werden. Das eine geht nicht ohne das andere. Ich bin der Kollegin Verena Hubertz dankbar, dass sie sich darum engagiert kümmert. Und wir wollen da jetzt das Steuer herumreißen. Das heißt Bauen, Bauen und nochmal bauen.
Als erstes kommt jetzt der Wohnungsbauturbo. Den Gesetzentwurf haben wir letzte Woche im Kabinett beschlossen. Den § 246e BauGB brauchen die Kommunen dringend. Es kann nicht sein, dass dreimal so lang geplant wie gebaut wird. Und mit diesem Instrument kann jede Kommune für bestimmte Vorhaben auf einen Bebauungsplan verzichten – und auch in bestehenden Bebauungsplänen abweichen. Das ist eine Brechstange, damit es schneller geht. In der BauGB-Novelle erleichtern wir auch das Heranrücken von Wohnbebauung an Gewerbebetriebe. Und wir stärken den Schutz der Mieterinnen und Mieter vor Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen.
Aber schneller werden alleine reicht nicht. Oft erreichen die Baukosten über 5000 Euro pro qm. Und das sind dann 20 Euro Nettokaltmiete pro Quadratmeter – sonst trägt sich die Investition nicht. Das geht nicht mehr, sage ich. Auch hier müssen wir das Steuer herumreißen. Der Ball liegt aber im Feld derjenigen, die bauen. Damit es günstiger wird, müssen die Vertragspartner bei den Baustandards abschichten. Es muss nicht immer der Goldstandard sein – gute Qualität geht auch günstiger. Und ich bin sicher, dass viele Bauherrinnen gar keinen Goldstandard verlangen – und ich denke auch die Mieterinnen und Mieter nicht.
Es geht doch zum Beispiel auch ohne Fußbodenheizung im Flur, ohne elektrische Rollläden und mit 14 cm Betondecke statt 18 cm. Wir unterstützen das mit dem Konzept des Gebäudetyp E im Vertragsrecht. Damit werden Vertragspartner gestärkt, die einfachere Standards vereinbaren wollen. Gebäudetyp E, wie „einfach“ oder „experimentell“; und auf jeden Fall kostengünstiger. Dies geht auch heute schon und wird vielerorts gemacht. Und wenn es gelingt, gut und einfach zu bauen, werden auch im Neubau wieder günstigere Mieten möglich.
Neben dem frei finanzierten Wohnungsbau setzen wir in der Bundesregierung vor allem stark auf den sozialen Wohnungsbau. Gerade als Sozialdemokratin ist mir das wichtig: Wir wollen den Wohnungsbestand aufwachsen lassen. Dafür werden die Rekordinvestitionen des Bundes in den sozialen Wohnungsbau nochmal erhöht. Von derzeit 3,5 Milliarden Euro pro Jahr auf 5,5 Milliarden Euro in 2029. Und auf diese 3,5 Milliarden Euro vom Bund über diesen Zeitraum kommen dann ja erst noch die Mittel der Länder obendrauf.
Wir wollen auch die zum Anfang des Jahres wieder eingeführte Wohngemeinnützigkeit weiter stärken – und damit dauerhaft etwas für bezahlbaren Wohnraum tun, unabhängig von zeitlich begrenzten Förderverträgen. Und wenn durch all diese Bemühungen dann die Wohnungsbauzahlen wieder steigen, wird das auch die Mietwohnungsmärkte entlasten.
Meine Damen und Herren,
ich will zum Schluss Danke sagen für Ihr Engagement in der Politik und vor allem auch in den Beratungsstellen vor Ort. Sie sorgen mit Ihrer Arbeit und Ihrem Engagement dafür, dass die Mieterinnen und Mieter eine starke Stimme haben: Sie!
Und wir als Bundesregierung wissen, dass wir mit dem Deutschen Mieterbund einen starken Partner an unserer Seite haben.
Ich freue mich auf die Zusammenarbeit für gutes und bezahlbares Wohnen in dieser Legislaturperiode und wünsche Ihnen noch eine gute Veranstaltung!
Vielen Dank!