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Neue Regeln für die Anfechtung der Vaterschaft durch leibliche Väter: BMJV veröffentlicht Gesetzentwurf

Schwerpunktthema Pressemitteilung

Pressemitteilung Nr. 31/2025

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat heute einen Gesetzentwurf veröffentlicht, mit dem das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Anfechtungsrecht leiblicher Väter umgesetzt werden soll. Der Entwurf sieht neue Regeln vor für den Fall, dass der leibliche Vater eines Kindes die rechtliche Vaterschaft eines anderen Mannes für das Kind anfechten will. Mit der Neuregelung soll den Grundrechten aller Beteiligten angemessen Rechnung getragen werden. Dabei soll das Lebensalter des Kindes maßgeblich Berücksichtigung finden.

Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz Dr. Stefanie Hubig erklärt dazu:
„Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber im letzten Jahr einen klaren Auftrag gegeben: Die Regeln für die Vaterschaftsanfechtung im BGB müssen überarbeitet werden. Das geltende Recht verletzt in bestimmten Fallkonstellationen Väter in ihren Grundrechten. Wir werden diesen Auftrag jetzt umsetzen.  Dabei gehen wir behutsam vor. Abstammungsrecht ist eine besonders sensible Materie. Wir müssen den Grundrechten aller Beteiligten - Eltern und Kinder - Rechnung tragen. Unser Gesetzentwurf schlägt eine ausgewogene Lösung vor. Eine sozial-familiäre Beziehung zwischen einem Kind und seinem rechtlichen Vater wird auch künftig wesentlich ins Gewicht fallen, wenn der leibliche Vater die Vaterschaft eines anderen Mannes anficht. Denn oft dient der rechtliche Schutz dieser Beziehung gerade dem Kindeswohl. Zugleich wird unsere Regelung sicherstellen, dass ein leiblicher Vater bessere Möglichkeiten hat, auch als rechtlicher Vater Verantwortung für sein Kind zu übernehmen. Wir gehen damit einen wichtigen ersten Schritt - hin zu einem zeitgemäßen Abstammungsrecht.“

Das Bundesverfassungsgericht hat am 9. April 2024 entschieden, dass die Regelungen zur Vaterschaftsanfechtung teilweise unvereinbar mit dem Grundgesetz sind. Eine Anpassung der gesetzlichen Regeln ist deshalb notwendig.

Konkret ging es in dem Urteil um § 1600 Absatz 2 und Absatz 3 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Danach kann der leibliche Vater eines Kindes die Vaterschaft eines anderen Mannes dann nicht anfechten, wenn zwischen dem Kind und dem anderen Mann eine sozial-familiäre Beziehung besteht. Das Bundesverfassungsgericht ist zu der Überzeugung gelangt, dass die vorgenannte Regelung nicht vereinbar mit dem Elterngrundrecht des leiblichen Vaters ist, das Artikel 6 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) garantiert. Der Gesetzgeber hat nunmehr bis zum 30. März 2026 Zeit, eine Neuregelung zu schaffen. Bis dahin sind Anfechtungsverfahren, denen ein Antrag des mutmaßlich leiblichen Vaters eines Kindes zugrunde liegt, auszusetzen, wenn der Antragsteller dies beantragt.

Der Gesetzentwurf sieht mehrere Änderungen im Abstammungsrecht vor, um die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen. An grundlegenden Strukturentscheidungen des Abstammungsrechts soll sich hingegen nichts ändern. So soll das Zwei-Eltern-Prinzip beibehalten werden. Es soll auch keine Änderung an dem Grundsatz geben, dass rechtlicher Vater der Mann wird, der im Zeitpunkt der Geburt des Kindes mit der Mutter verheiratet ist oder der die Vaterschaft anerkennt.

Vorgesehen sind insbesondere folgende Änderungen:

1. „Anerkennungssperre“ während eines laufenden Verfahrens

Während eines laufenden gerichtlichen Verfahrens zur Feststellung der Vaterschaft eines Mannes soll künftig kein anderer Mann mehr die Vaterschaft für dieses Kind sogleich wirksam anerkennen können. Durch diese Neuregelung soll verhindert werden, dass es in bestimmten Fällen zu einem „Wettlauf um die Vaterschaft“ kommt. Eine Ausnahme von der vorgeschlagenen „Anerkennungssperre“ soll dann gelten, wenn der Mann, der die Vaterschaft anerkennt, seine leibliche Vaterschaft nachweist.

2. Neuregelung des Anfechtungsrechts leiblicher Väter

Die Regeln zur Anfechtung der Vaterschaft eines anderen Mannes durch den leiblichen Vater eines Kindes sollen überarbeitet werden. Die neuen Regeln sollen es Familiengerichte ermöglichen, den Grundrechten aller Beteiligten Rechnung zu tragen, wenn sie über Anfechtungsanträge leiblicher Väter entscheiden. Die neuen Regeln sollen maßgeblich an das Lebensalter des Kindes anknüpfen und an den Zeitpunkt der Anfechtungserklärung anknüpfen.

Erklärt der leibliche Vater die Anfechtung der Vaterschaft innerhalb der ersten sechs Lebensmonate des Kindes, so soll seine Anfechtung künftig uneingeschränkt Erfolg haben können. Ein Ausschlussgrund der sozial-familiären Beziehung des Kindes zu seinem rechtlichen Vater soll insoweit nicht gelten.

Erklärt der leibliche Vater die Anfechtung der Vaterschaft für ein minderjähriges Kind später als sechs Monate nach dessen Geburt, so soll die Anfechtung weiterhin grundsätzlich ausgeschlossen sein, wenn zwischen dem Kind und dem rechtlichen Vater eine sozial-familiäre Beziehung besteht. Ausnahmen davon sind aber vorgesehen, wenn auch zwischen dem Kind und dem leiblichen Vater eine sozial-familiäre Beziehung besteht, eine solche zu einem früheren Zeitpunkt bestanden hat oder sich der leibliche Vater ernsthaft, aber erfolglos um eine solche Beziehung zum Kind bemüht hat. Auch in diesen Fällen aber kann der Fortbestand der bisherigen Vaterschaft aus Gründen des Kindeswohls geboten sein, sodass das Anfechtungsrecht des leiblichen Vaters zurücktreten muss. Das wird vom Familiengericht unter Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten geprüft.

Ist das Kind bei der Anfechtung volljährig, soll es auf seinen Widerspruch ankommen. Ist die sozial-familiäre Beziehung zwischen dem Kind und dem rechtlichen Vater weggefallen, die zuvor einer Anfechtung durch den leiblichen Vater entgegenstand, so soll der leibliche Vater künftig eine „zweite Chance“ haben, die Vaterschaft des rechtlichen Vaters anzufechten.

3. Ergänzende Regelungen

Ergänzend sollen mehrere Regeln getroffen werden, die verhindern sollen, dass überhaupt die Notwendigkeit einer Vaterschaftsanfechtung durch den leiblichen Vater eintritt.

  • Anerkennung trotz bestehender Vaterschaft: Der leibliche Vater soll die Vaterschaft künftig mit Zustimmung der Mutter des Kindes, des bisherigen rechtlichen Vaters und des Kindes anerkennen können, ohne dass zuvor ein Anfechtungsverfahren durchzuführen ist. Relevant sein wird dies insbesondere für Fälle, in denen die Mutter verheiratet ist, aber das Kind von einem anderen Mann gezeugt ist, und sich alle Beteiligten einig sind, dass der leibliche Vater auch der rechtliche Vater des Kindes werden soll.
  • Keine Anfechtung durch den rechtlichen Vater bei Anerkennung in Kenntnis fehlender leiblicher Abstammung: Eine im Wege der Anerkennung begründete rechtliche Vaterschaft soll künftig nicht mehr durch den rechtlichen Vater angefochten werden können, wenn dieser im Zeitpunkt der Anerkennung wusste, dass er nicht der leibliche Vater des Kindes ist. Für die Mutter, die der Anerkennung zugestimmt hat, soll Entsprechendes gelten. Durch diese Neuregelung sollen Vaterschaftsanerkennungen vorgebeugt werden, die nur zu dem Zwecke erfolgen, eine Vaterschaft des leiblichen Vaters zu verhindern.
  • Erfordernis der Zustimmung des jugendlichen Kindes zur Anerkennung der Vaterschaft: Eine Anerkennung der Vaterschaft für ein Kind, das das 14. Lebensjahr vollendet hat, soll künftig generell die Zustimmung des Kindes zur Anerkennung voraussetzen. So soll verhindert werden, dass einem jugendlichen Kind ohne sein Einverständnis ein Mann als rechtlicher Vater zugeordnet wird, der nicht sein leiblicher Vater ist. 

Der Referentenentwurf wurde heute an die Länder und Verbände versandt und auf der Internetseite des BMJV veröffentlicht. Die interessierten Kreise haben nun Gelegenheit, bis zum 15. August 2025 Stellung zu nehmen. Die Stellungnahmen werden auf der Internetseite des BMJV veröffentlicht.

Den Referentenentwurf und ein begleitendes Informationspapier finden Sie hier.

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